28 Juli 2006

Dollfuß-Partei ÖVP

Am 25. Juli 1934 fiel der austrofaschistische Dikator Engelbert Dollfuß einem nationalsozialistischem Putschversuch zum Opfer. Dollfuß, ein guter Freund des faschistischen italienischen Diktators Benito Mussolini, zeichnete für die gewaltsame Auslöschung der Demokratie in Österreich 19933/34 verantwortlich. Seinen Hauptfeind, die Sozialdemokratie, bekämpfte er mit Waffengewalt, an einem ihrer charismatischsten Politiker, Kolomann Wallisch, ließ er einen Justizmord vollziehen indem das Standrecht solange aufrecht erhalten wurde, bis Wallisch auf der Flucht gefaßt werden konnte. Die geltende Verfassung wurde von Dollfuß mittels Verfassungsbruch ausser Kraft gesetzt während er bis knapp vor seinem gewaltsamen Ende mit Nationalsozialisten über einen modus vivendi verhandelte. O-Ton Dollfuß am 30. Juni 1934, weniger als einem Monat vor seinem Tod:
Wir katholischen Akademiker fühlen uns zutiefst mit dem Volkstum unserer Väter verbunden und in ihm verwurzelt. Wir Kinder jahrhundertealter deutscher Bauernfamilien haben es nicht nötig, erst den Nachweis zu erbringen, dass wir auch deutsch sind. Wir verwahren uns dagegen, dass man den alten Liberalismus, den alten Freisinn mit Deutschtum identifiziert. Auch diejenigen, die vom freisinnigen Liberalismus so rasch zum nationalen Sozialismus hinübergewechselt sind, mögen zur Kenntnis nehmen, dass wir den Ehrentitel deutsch mindestens ebenso wie sie beanspruchen. Sie mögen auch zur Kenntnis nehmen, dass wir als Deutsche allen unseren Brüdern, auch wenn sie nach unserer Meinung Irrwege gehen, uns verantwortlich und irgendwie verbunden fühlen und gern die Hand bieten, um wirklich zu einer lebendigen deutschen Volksgemeinschaft in unserer Heimat zu kommen. (aus: Wir werden ganze Arbeit leisten, Wien 2004, S. 77)

Heute gilt Dollfuß für die ÖVP noch immer als antifaschistischer Widerstandskämpfer. Trotz Verfassungsbruch und Putsch 1934, trotz Aufbau eines Systems, das eng an den italienischen Faschismus angelehnt war, trotz der massiven Schwächung der österreichischen Abwehrkraft gegen den Nationalsozialismus durch die Illegalisierung der Sozialdemokratie, die die einzige Verbündete gegen NS-Deutschland gewesen wäre und trotz seines Deutschnationalismus, der ihn bis zu seinem Ende prägte.

Jedes Jahr legt der ÖVP-Parlamentsklub im Juli einen Kranz zu Ehren des austrofaschistischen Diktators an dessen Grab am Hietzinger Friedhof nieder. Auch die "Junge ÖVP Wien" ehrt Engelbert Dollfuß auf diese Weise, wie die Kranzschleifen zeigen.



Was bedeutete der Austrofaschismus für Wien?

Die Regierung Dollfuß setzte den christlichsozialen Politiker Richard Schmitz als kommissarischen Bürgermeister ein und verringerte die politische Selbständigkeit Wiens, indem man Wien zur "bundesunmittelbaren Stadt" erklärte. Man hob die demokratische "Verfassung der Bundeshauptstadt Wien" aus dem Jahre 1920 auf und ersetzte sie durch eine "Stadtordnung der Bundeshauptstadt Wien". Der 1932 von den Wienern frei gewählte Gemeinderat mit seiner sozialdemokratischen Mehrheit wurde aufgelöst und an seine Stelle trat die "Wiener Bürgerschaft", die nicht aus gewählten, sondern aus ernannten Mitgliedern der verschiedenen "Berufsstände" bestand. Die austrofaschistische Verwaltung schränkte den sozialen Wohnungsbau drastisch ein, errichte zahlreiche neue Kirchen und erhöhte die Mietzinse. Die sozialen Leistungen wurden verringert, Erholungsräume in Gemeindebauten in Kapellen verwandelt und das Steuersystem wurde zugunsten des wohlhabenden Bürgertums verändert.

27 Juli 2006

Der Kärntner Unberg ruft schon wieder...

Alle Jahre wieder: Der Kärntner Ulrichsberg ruft wieder einmal zum jährlichen deutschnational durchseuchten Kriegsveteranentreffen. Aber es gibt schon Hinweise auf die kommenden Protestveranstaltungen zwischen 15. und 17. September hinter denen u.a. die grünalternative Jugend steht (s. obiges Bild von einem Wiener Briefkasten heute am Morgen). Zusätzlich hat auch der grüne Nationalratsabgeordnete Karl Öllinger zu den nationalen Umtrieben am U-Berg am 13. Juli eine parlamentarische Anfrage an die Justizministerin gestellt. Antworten sind wohl erst im Laufe des September zu erwarten...

Hier ist die Anfrage im Wortlaut (der Link auf ein hervoragendes Buch zu den Verbrechen der Wehrmacht auf Kephallonia wurde von mir eingefügt):

ANFRAGE

der Abgeordneten Öllinger,
Freundinnen und Freunde

an
die Bundesministerin für Justiz

betreffend
das Kriegsveteranentreffen am Ulrichsberg

Das jährliche Treffen von Kriegsveteranen auf dem Kärntner Ulrichsberg - darunter sowohl Wehrmachtssoldaten als auch ehemalige Mitglieder der Waffen-SS - zieht immer wieder eine größere Zahl von Personen aus der rechtsradikalen Szene an und ist deshalb seit Jahren starker Kritik ausgesetzt. Das sogenannte Ulrichsbergtreffen geht Hand in Hand mit weiteren einschlägigen Veranstaltungen wie zum Beispiel mit dem Treffen der Kameradschaft IV in Krumpendorf in den Tagen davor und danach. So erwähnt etwa der deutsche Verfassungsschutz in der Vorabfassung seines
Jahresberichts 2005 in der Rubrik "Rechtsextreme Bestrebungen und Verdachtsfälle" das Treffen 2005 folgendermaßen: "Am Rande der am 17./18. September in der Nähe von Klagenfurt (Österreich) veranstalteten traditionellen "Ulrichsberg-Gedenkfeier" zu Ehren der Gefallenen der beiden Weltkriege kamen rund 60 (2004: 50) Rechtsextremisten aus dem In- und Ausland - darunter 35(2004: ca.30) deutsche Teilnehmer - zusammen."

Das Treffen der Ulrichsberggemeinschaft (Heimkehrer- und Europagedenkstätte)hat seit der Grundsteinlegung zum Gedenkstättenbau im Herbst 1958 mehrere Bedeutungswandel durchlaufen. Als grundlegendes und sinngebendes Signifikant funktioniert aber von den 1950er Jahren bis Heute die Einbindung der Kameradschaften der Waffen-SS und eine positive Bezugnahme auf ihre Teilverbände. Bereits in der unmittelbaren Nachkriegszeit begannen die Apologeten der Heimkehrer-Hilfs- und Betreuungsstelle (HBB) um die späteren Ulrichsberggemeinschaftler Blasius Scheucher und Walter Fritz, für eine "Heimkehrerkundgebung" auf dem geschichtsträchtigen Kärntner Zollfeld zu werben. Als Gedenkort für die Kameradschaftsverbände des postnationalsozialistischen Österreich und West-Deutschland konnte sich der ureigen kärntnerische Boden am Zollfeld aber nicht durchsetzen.

Alternativ wurde der Gipfel des Ulrichsberges gewählt, ein Hügel im Privatbesitz des ehemaligen Präsidenten der Ulrichsbergegemeinschaft Leopold Goess. An diesem Ort sollte von nun an in den Tagen um den 10. Oktober eine Gedenkveranstaltung für die "Heimkehrer" - Soldaten der deutschen Wehrmacht und Waffen-SS - und ihre gefallenen "Waffenbrüder" zelebriert werden. Die Stellung der Organisationen der Angehörigen der Waffen-SS war von Anfang an zentral. Die Kameradschaft IV (eine Selbstbezeichnung, die eine Verbindung als vierten Teil der Wehrmacht und somit eine Trennung von der SS suggerieren soll) war mit ihrer Sektion Kärnten als Gründungsmitglied vertreten, die HIAG (Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit ehemaliger Angehöriger der Waffen-SS), unterstützte das neue Kameradentreffen vor allem von deutscher Seite aus. Die Causa Walter Reder wurde neben der Forderung: "(den) Kameradschafts-, den Vaterlands-, (den) Heimat- und Kulturgedanken zu pflegen und das Gedenken an die Opfer der Kriege und des Kärntner Abwehrkampfes zu wahren" (Statuten 1997/1999/2000), von Beginn an zu einer einigenden Frage für die Ulrichsberggemeinschaft. Schon 1958 sprach Blasius Scheucher anlässlich der Ulrichsberg-Einweihung beim italienischen Konsulat in Sachen Reder vor.

Der "Heimkehrerpfarrer" Ernst Hildebrand sprach 1974 mit Verweis auf das Kreuzsymbol der Gedenkstätte in seiner Predigt: "Wenn alle Völker unter dem Kreuz ständen, gäbe es keine Kriegsgefangenen, dann wäre auch Major Walter Reder frei, dann würde nicht nur der Sieger recht haben." (Kärntner Landeszeitung, 8.10.1974). Von seiner Freilassung bis zu seinem Tod 1991 lieferte der Ulrichsberg Wallfahrer Reder bei den Gedenkfeierlichkeiten einen lebendigen Beweis für die Vitalität des Motivs der "Heimkehr". Stand in den 60er und 70er Jahren die unkommentierte Selbstpräsentationen der Waffen-SS, vor allem auch den geladenen Freiwilligen-Verbänden aus dem Ausland, im Vordergrund, hat sich die Darstellung mit der Bezugnahme Jörg Haiders auf den Waffen-SS-Mythos gewandelt. Die geladenen Vertreter und die Ulrichsbergfahrer, die als Veteranen der SS anreisen, verstehen sich verstärkt als Vertreter einer "Elite-Armee" die für die "Verteidigung eines freien Europas" gegen den Kommunismus gekämpft hat. In diesem Sinne sind die Kameradenverbände der Waffen-SS Bestandteil einer Relativierung des nationalsozialistischen Vernichtungskrieges innerhalb der Ulrichsberggemeinschaft. Sie fungieren als Gründungsorganisationen sowie als Trägerinnen des Mythos von der "Elite-Einheit" im Kampf für ein antikommunistisches Europa.

Im Anschluss an den eingangs zitierten Verfassungsschutzbericht gilt es aber auch, an prominente Kritiker in Kärnten wie Landesrat Dr. Josef Martinz zu erinnern. Martinz fand in seiner Festrede 2005 am Ulrichsberg zumindest zu den anwesenden ehemaligen SS-Angehörigen klare Worte, indem er betonte, dass es gerade in Bezug auf die Anwesenheit von "Mitgliedern der SS-Totenkopfverbände und Waffen-SS (...), die ihre menschenverachtenden Taten (...) in den Konzentrationslagern, aber nicht nur dort, begangen haben (...) nichts zu tolerieren und nichts zu beschönigen" (gibt). Martinz weiter: "Hier, und das muss auch klar gesagt werden, wurden ganz bewusst Verbrechen begangen, Verbrechen an der Menschlichkeit."

Im Sinne von "nichts zu tolerieren und nichts zu beschönigen" ist auch die folgende Anfrage zu verstehen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE:

1. Wie bewertet das Ministerium das Treffen am Ulrichsberg, speziell vor dem Hintergrund, dass an dem Treffen ehemalige SS-Soldaten sowie Veteranen der deutschen Wehrmacht teilnehmen, deren Einheiten in Kriegsverbrechen verstrickt waren, teilnehmen oder aber in der Gedenkstätte am Ulrichsberg Tafeln in Erinnerung an eben diese Einheiten angebracht sind?

2. Welche Informationen aus der Vergangenheit liegen dem Justizministerium, oder zugehörigen Behörden, in Bezug auf das Treffen am Ulrichsberg oder Veranstaltungen im Vorfeld (insbesondere der Veranstaltung der Kameradschaft IV in Krumpendorf) vor?

3. Wie bewertet das Justizministerium, dass im Zuge des Ulrichsbergtreffens bzw. von Veranstaltungen im Vorfeld (insbesondere der Veranstaltung der Kameradschaft IV in Krumpendorf) Personen Abzeichen wie den von Adolf Hitler für "besondere Tapferkeit vor dem Feind" verliehenen Ritterkreuz-Orden des Eisernen Kreuzes (kurz "Ritterkreuz") tragen, sowie eine Tafel zu Ehren der "Ordensgemeinschaft der Ritterkreuzträgern", mit entsprechendem Emblem, in der Gedenkstätte am Ulrichsberg zu finden sind? Dies vor allem auch vor dem Hintergrund, da in der Bundesrepublik Deutschland das Tragen dieses Abzeichens wegen der Verwendung nationalsozialistischer Kennzeichen geahndet wird (Beilage 3a)?

4. Wie sind für das Justizministerium generell Gedenktafeln zu bewerten, wie sie am Ulrichsberg zu finden sind, auf denen traditionelle Embleme von SS-Einheiten und Organisationsteilen, wie der "SS-Ärztlichen-Akademie", des 15. Kosaken-Kavalerie-Korps, SS-Freiwilliger aus Lettland und Flandern, aber auch Runen-Symbole von Wehrmachtseinheiten, wie der "Fallschirmjäger", abgebildet sind (4a, 4b, 4c, 4d, 4e, 4f)?

5. Gibt es im Anschluss an die Parlamentarische Anfrage von Abgeordneten Mag. Johann Maier vom 22.12.2004 Betreffend der
"Ermordung von über 4000 italienischen Soldaten auf Kefalonia durch die deutsche Wehrmacht (Edelweis Division)" neue Ergebnisse bezüglich der Ermittlungen wegen Beteiligung an Verbrechen der Gebirgsjäger in Griechenland?

6. Laufen Ermittlungen wegen Beteiligung an Verbrechen vor allem auch vor dem Hintergrund, dass am Ulrichsberg eine Gedenktafel in Erinnerung an eben diese in Frage 5 genannte Division, wie auch andere Gebirgsjägereinheiten, sowie am Überfall auf Kreta beteiligte Fallschirmjäger hängen (Beilagen 6a, 6b, 6c, 6d), speziell zu ehemaligen Angehörigen aus den auf dem Ulrichsberg vertretenen Gebirgsjägerverbänden, wie der "118. Jägerdivision", "Gebirgsjägerregiment 139", "Geb.-Art.-Regiment 112"?

7. Gibt es von Seiten dänischer Behörden Anfragen an das Justizministerium bezüglich des in Dänemark wegen Mordes verurteilen, zwischenzeitlich mit dem Europäischen Haftbefehl gesuchten und heute in Deutschland lebenden, ehemaligen SS-Mannes Sören Kam? Dies gerade vor dem Hintergrund, dass Sören Kam in der Vergangenheit regelmäßig bei der Veranstaltung der Kameradschaft IV in Krumpendorf, sowie bei der Ulrichsbergfeier anwesend war, da er dort die dänische Delegation der SS-Freiwilligen leitete.

8. Was gedenkt das Justizministerium zu tun, wenn Sören Kam wieder versucht nach Österreich einzureisen?

9. Wie bewertet das Justizministerium die Tatsache, dass am Ulrichsberg bis heute eine, wie aus der Dokumentation des Mitbegründers der Ulrichsberggemeinschaft, Norbert Rencher, hervorgeht, seit 1991 vom Innenministerium untersagte Tafel im Andenken an die SS-Einheit des 15. Kosaken-Kavalleriekorps oder des in Österreich verbotenen Reichsarbeitsdienstes angebracht sind (Anlagen 9a, 9b, 9c)?

13 Juli 2006

NEIN! zu Gottesstaaten und ähnlichem Unsinn...

Heute auf den Tag genau vor 17 Jahren wurde der Parteivorsitzende der Kurdischen Partei des Iran (DKP-I) Abdul Rahman Ghassemlou in einem Wiener Hotel ermordet, in dem er Verhandlungen mit Abgesandten des iranischen Gottes-Staates über Minderheitenrechte führte. Bis heute sind die Hintergründe der Verhandlungen und die Involvierung der österreichischen Justiz - insbesondere die Flucht der Mörder - nicht aufgeklärt und Dauerthema bei den Grünen. Sogar der derzeitige Präsident des Iran ist als "Gunman" bzw. "Hitman" verdächtig. Im "Mykonos-Prozess" in Deutschland wurde die iranische Regierung bereits einmal verurteilt...
Innenpolitischer Exkurs:
Zu dieser Stunde (Mitternacht am 13. Juli 2006) versucht die österreichische Regierung - angeführt vom "devout Christian" W. Schüssel - die Opposition im Parlament dahingehend weichzuklopfen, die österreichische Verfassung mittels Verfassungsgesetz auszuhebeln, sodass der slowenischen Minderheit in Kärnten in Zukunft nur mehr eine Bittstellerrolle in Ortstafelfragen zukommen soll. So zündelt man auch hierzulande von oben herab...
Die kurdischen IranerInnen und FreundInnen Ghassemlous trugen heute am 13. Juli rote Rosen die Mariahilferstraße hinunter bis zum Ballhausplatz und protestierten gegen den (iranischen) Gottesstaat. Einige Schritte hinter der eigentlichen Demonstration marschierte eine einzelne und couragierte Frau mit einer Tafel auf der "Gott schütze Israel" stand. Sie beide - iranische KurdInnen und Juden und Jüdinnen - haben einen gemeinsamen Feind, der grausam ist und im Iran sitzt. Wir HumanistInnen sollen allen Konfliktgruppen helfen und "Gott" in seine Schranken weisen - weltweit. So wie es uns die couragierten iranischen KurdInnen heute am Nachmittag zeigten.

03 Juli 2006

Ateliertheater und Universität Wien - ein Nachtrag

Eine Wiener Institution ringt um ihr Leben

Seit wenigen Tagen trägt das Ateliertheater Schwarz. 1932 gegründet ist es eine der ältesten Kleinbühnen Wiens und hat seine Spielstätte im erst vor wenigen Jahren um teures Wiener Steuergeld adaptierten ehemaligen Star-Kino in der Burggasse. So wie es aussieht, will die Gemeinde Wien die Förderungen nun einstellen und den Betrieb damit nach knapp 75 Jahren still legen. Gegen die Schließung protestieren mittlerweile 200 KünstlerInnen, wie das Ateliertheater meldet:
Es gibt bereits 200 Protestunterschriften, darunter die Damen: Jesserer, Pluhar, Hartinger, Küpers, Ott, Haas, Schuchter, Siegl, Turkovic-Wendl, Lukan, Kisbauer, uva. Die Herren: Schenk, Hackl, Bissmeier, Buczolich, Sobotka, Paryla, Turini, Schleyer, Singer, Peichl, Matic, Schulenburg, Erwin Strahl, Krisch, Wilke, Markovics, Holzinger, Uray, Molterer, Schwab, Schweiger...


Von der Universität Wien (Hauptgebäude am Ring) gibt es hingegen Erfreulicheres zu vermelden. Am Donnerstag (29. Juni) gabs in der Aula am späteren Nachmittag kostenlose Getränke, Snacks, freundliche Ansprachen und Jazzmusik aus Anlass der Eröffnung der neu gestalteten Aula. Die Jazzband spielte auf einem Podium, das genau an der Stelle stand, wo sich bis dahin der ominöse "Siegfriedskopf" befand.

Dieser Siegfriedskopf ist ein Kriegerdenkmal, das von den antisemitischen und deutschnationalen Studentenorganisationen am 9. November 1923 in der Aula der Universität aufgestellt und an dem seit Längerem breite und heftige Kritik geübt wurde. Verteidiger des "Siegfriedskopf" fanden sich gerade einmal rechts aussen in Kreisen der FPÖ und der deutschnationalen Burschenschaften. Nun wurde das unwürdige Symbol nationalen Rassenwahns entfernt, um an einem weniger prominenten Ort sein Dasein als museales Objekt zu fristen.

hier vor der Säule stand das deutschnationale Ding bis vor wenigen Tagen...

In ihrer Ausgabe vom 10. November 1923 beschrieb die christlichsoziale Reichspost die gespenstische Enthüllung des "Siegfriedskopfes" (nachzulesen auf der exzellenten Zeitungs-Website der Österreichischen Nationalbibliothek.):
Es war eine überaus eindrucksvolle, erhebende Feier. Das zu ihr geladene Publikum füllte die Aula und die seitlichen Ausgänge bis auf das letzte Plätzchen. Der Hintergrund der Aula war mit schwarzen Tüchern ausgeschlagen, das im rückwärtigen Teil der Mittelhalle aufgestellte Denkmal war mit Kerzenpyramiden, welche die einzige Beleuchtung der Aula bildeten, umgeben. Um halb 7 Uhr erfolgte der Einzug des akademischen Senats und des Professorenkollegiums. Die Spitze des Zuges bildete eine Gruppe nationalsozialistischer Studenten mit Stahlhelmen, dann folgten die Chargierten der katholischen und nationalen Verbindungen mit ihren Bannern und Fahnen, flankiert von Fackelträgern, dahinter schritt der Oberpedell mit den Insignien und schließlich der Rektor Dr. Döller mit den Dekanen Dr. Innitzer, Dr. Sperl, Dr. Süß, Dr. Fischl und Dr. Hofmann (...)
Nun fiel die Hülle des Denkmales unter den Schlussworten Sr. Magnifizenz, welcher auf den Helden Siegfried, das Sinnbild des deutschen Volkes, hinwies. Wie dieser, könne auch das deutsche Volk nicht im ehrlichen Kampf besiegt, sondern nur durch Verrat, Abschließung und Heimtücke zu Fall gebracht werden. Nach dem Chore 'Wir treten zum Beten' hielt cand. rer. pol. Walter Kolbe die Totengedenkrede (...)
Es folgte nun das gemeinsam gesungene Lied 'Deutschland, Deutschland über alles.'

Dafür gibt es heute neue Köpfe in der Aula zu sehen: Die Nobelpreisträger (keine Frauen darunter...) der Universität Wien. Und die neu gestalteten Seitenwände der Aula sind nun den Menschenrechten, der Freiheit der Wissenschaft und dem Antirassimus gewidmet. Auch wenn das den nachwievor existenten deutschnationalen Burschenschaftern weniger gefallen mag.


So, und nun gehts in den Urlaub! Ich wünsche allen LeserInnen erholsame Ferien!